Aussicht Col de Locia
Vom Col de Locia präsentiert sich der Sellastock von seiner Schokoladenseite.
Lavarella Aufstieg
Kurz nach dem Jù dal'Ega: Aufstieg zur Scharte zwischen Conturines und Lavarella.
Lavarella Skidepot
Blick zurück ins Aufstiegstal: Letzte Spitzkehren kurz vor dem Skidepot unterhalb der steilen, schmalen Rinne.
Lavarella de Fora
Auf den letzten Metern zum Gipfel der Lavarella de Fora.
Lavarella Marmolada
Ausblick vom Piz de Lavarella: Dem Gefühl nach gibt es heute zwei Königinen der Dolomiten.
Lavarella Abendleuchten
Abendleuchten in den Dolomiten. Links führt das Tal über den Col de Locia ins Herz der Fanes. Rechts führt die Skipiste ins Reich des Lagazuoi.

Lavarella

Piz Lavarella und Lavarella de Fora von Capanna Alpina

Das Gebiet der Fanes ist und war schon immer ein beliebtes Skitourengebiet. Besonders ausgehend von der Lavarellahütte und der Faneshütte werden im Winter Skitouren zum Gipfel der Neunerspitze, Zehnerspitze, Heiligkreuzkofel und Lavarella unternommen. Wer nicht auf einer der Hütten übernachten mag, startet beim Berggasthaus Pederü, unweit vom Ort St. Vigil. Der 1.5 h lange Aufstieg zu den Hütten kann bei Bedarf sogar durch eine Taxifahrt mittels Schneekatze eingespart werden. Durch die gute Erreichbarkeit tummeln sich bei schönem Wetter etliche Tourengeher.

Wem dies zu viel Trubel ist, dem sei gesagt dass es eine wesentlich weniger oft besuchte Alternative gibt. Startend bei der Capanna Alpina (46.559652, 11.981459) in Badia bietet sich ein landschaftlicher Zustieg der Extraklasse, welcher sich jedoch durch einen anstrengenden Zustieg zum Col de Locia und einem langen Boden zum anschließenden Jù dal'Ega (alias Tagedajoch) erkauft wird. Wer diese Mühen nicht scheut (1550 hm und 10 km), der wird bei dieser Tour definitiv einige besondere Momente erleben.

Startend vom Parkplatz, welcher ausreichend sowie im Winter kostenlos ist, erblickt man taleinwärts zwei Täler: das rechte, bewacht von der eindrucksvollen Wand der Cima Scottoni, ist mit der Skipiste des Lagazuois durchzogen. Das linke Tal führt geradewegs zum Col de Locia, wobei das letzte Stück über den meist eisigen, sowie schmalen Sommerpfad führt. Hier kann es durchaus vorkommen, dass die Skier ein kurzes Stück an den Felsen vorbei getragen werden müssen. Die Belohnung erfolgt jedoch postwendend: ein toller Blick Richtung Sellastock der zum Verbleiben verführt.

Allzulange können wir jedoch den Moment nicht auskosten. Es wartet noch ein weiter Weg. Immer wieder leicht absteigend setzt sich der Weg zum Jù dal'Ega fort. Kurz vor dem Joch steigen wir links Richtung Norden auf. Es folgen einige Mulden bis schließlich ein kleiner, etwas steiler Kanal in wenigen Spitzkehren zu überwinden ist. Durch den bis jetzt langen Anstieg blieb genügend Zeit um von meiner Freundin Barbara auch ein paar Worte Norwegisch zu lernen, von welchen mir an diesem Tage vor allem eines immer wieder in den Sinn kam: Luretopp. Beudeutet soviel wie falscher Gipfel. Nach jeder neuen Mulde folgt eine weitere. Der eigentliche Gipfel ist bis kurz vor Schluss nicht ersichtlich.

Der lange Anstieg zur Scharte zwischen Conturines und Lavarella erfolgt an der rechten, nördlichen Talseite. Zum Schluss wird nochmal ein kurzes, steiles Stück zunächst rechts, dann links umgangen. Sollte eine Überschreitung mit anschließender Nordabfahrt von der Lavarella nicht geplant sein, können Skier und Rucksack in der Scharte zurückgelassen werden. Bei guten Schneeverhältnissen und dementsprechenden Fahrkönnen, sind noch einige Spitzkehren ab der Scharte über eine Steile Flanke Richtung Norden möglich. Spätestens hier, am Beginn einer kurzen, schmalen, von Felsen umrandeten Rinne, kann das Skidepot errichtet werden. Bei eisigen Bedingungen können ab der Scharte Steigeisen von Vorteil sein.

Der Weiterweg gestaltet sich einfach: stets der logischen, am wenigsten steilen Linie am Grat folgen. Kurze Zeit später erreicht man eine kleine Scharte: westlich von hier sieht man ein großes Gipfelkreuz. Der Weg zum Kreuz ist an einer Stelle kurz felsig und etwas heikel: Hier muss Hand am Fels angelegt werden. Zudem ist Trittsicherheit erforderlich - ein Abrutschen an dieser Stelle sollte nicht passieren. Wir merken schnell, dass in unserer unmittelbaren Nähe noch ein weiteres, etwas höher gelegenes Kreuz steht. Sind wir schon wieder einem Luretopp zum Opfer gefallen? Möglicherweise der schon etwas tief stehenden Sonne geschuldet, dämmert es uns: wir befinden uns am Gipfel der Lavarella de Fora, bedeutet soviel wie die äußere Lavarella. Obwohl am "falschen" Gipfel, werden wir mit einer tollen Aussicht und einem atemberaubenden Tiefblick zu den Ortschaften in Badia belohnt.

Natürlich wollen wir auch den Piz de Lavarella besteigen. Zurück über den etwas ausgesetzten Grat über den wir gerade gekommen sind und dann weiter über einen leicht ansteigenden Grat erfolgt der einfachere Aufstieg zum Piz de Lavarella. Am Gipfel steht ein metalleneres Kreuz, welches den Namen des Berges beinhaltet. Wir kommen zum Schluss: das wird der richtige Gipfel sein. Die Aussicht ist nicht minder beeindruckend, wenngleich nicht mit dem Tiefblick von vorhin gespickt. Besonders angetan hat es uns das Hochplateu der Fanes. Wer genau hinschaut erkennt Lavarellahütte sowie Faneshütte. Die paar Extrahöhenmeter haben sich mehr als gelohnt!

Bei einer Überschreitung würde nun nordseitig abgefahren werden. Auf Grund unseres Ausgangspunktes haben wir uns jedoch bereits vorher für den selben Rückweg entschieden. Durch das nun in Schatten gehüllte Tal ergibt sich durch die starke Bewölkung eine recht schlechte Sicht bis zum Jù dal'Ega. Anschließend hat uns die Sonne wieder. Der Rückweg zum Col de Locia ist mit einigen kurzen Gegenanstiegen verbunden. Kurzes Trippeln sowie durch die harte Unterlage ermöglichtes Skitragen vermeiden ein erneutes Auffellen. Am Col de Locia angekommen genießen wir die letzten Sonnenstrahlen, bevor die ersten eisigen, engen Meter des Steiges mit den Skiern an den falschen Extremitäten überwunden werden. Anschließend erfolgt eine tolle Abfahrt im Wald, später in der Nähe eines gut sichtbaren breiten Weges. Kurz vor dem Parkplatz begegnen uns die letzten Skifahrer der Lagazuoiabfahrt. Beim Blick zurück leuchten die Felsen beider Täler in hellen Farben. Ob Laurin nicht etwa auch hier ein paar Blumen gepflanzt hat? Da bleibt nur noch eins zu sagen: takk for turen! Damit ist mein Norwegisch wie dieser Artikel am Ende angelangt.
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