Track
Vom Campingplatz in Altmünster über den Grünberg, weiter zum Traunstein, nach Karbach und über den Spitzelstein zum Bahnhof Ebensee.
Grünberg
Der erste Gipfel der Tour: Blick vom Grünberg in die (un)endlichen Weiten des Nordens.
Kletterstein Traunstein
Am Weg zum Traunstein. Hier und da werden beim Trandern auch die Hände benötigt.
Runners High
Das Runners High lässt noch auf sich warten. Ob da weitere 20 km helfen?
Karbach Beach
Karbach Beach - eine willkommene Erfrischung mit Blick auf das Ziel Ebensee.

Trandern on Trails

Ein Ausflug in die Welt des Trail Runnings

Flask, Dropbag, Pace, Ultra Light, Zero Drop, Runners High. Du hast das ein oder andere Wort schon mal gehört aber kannst nicht wirklich was damit anfangen? Sehr schön! Dann geht es dir wie mir - willkommen beim Trailrunning! Als Trailrunner-Quereinsteiger habe ich mir diesmal beim Verfassen des Artikels professionelle Hilfe besorgt: Es freut mich besonders den ersten Gastbeitrag von Barbara zu veröffentlichen!

Wer hätte sich das (nicht?) gedacht, Tobias wagt einen Blick über den (Kletter-)Wand-Rand. Und schon wurde aus diesem Blick ein Schritt, dann noch einer, und noch einer – und siehe da, plötzlich hatten ihn seine Beine knappe 44 km weit und 2883 Höhenmeter getragen. Eine Verdoppelung seines persönlichen bisherigen Weit-Lauf-Rekordes. Da hat sich das anfängliche Murren ja doch gelohnt…

Doch nun die (Erfolgs-)Geschichte von Anfang an: Es war einmal ein Freundeskreis, ein sehr netter und sehr sportlicher Freundeskreis. Noch vor einigen Monaten bestanden die Hauptaktivitäten der Mitglieder jenes besonderen Freundeskreises aus Skitouren gehen und klettern – sehr „tobisch“ möchte man meinen. Doch plötzlich wurde ein Mitglied von einer ganz neuen Leidenschaft gepackt, dann noch eins, dann noch eins und so weiter. Wie ein Virus verbreitete sich das neue Hobby unter den Freunden: die „Ultra Lovers“ waren geboren und viele wunderbare Läufe folgten. Schließlich konnte auch der vermeintlich laufresistente Tobias nicht widerstehen und so kam es, dass sich am 6. Juni 2020 folgendes Ereignis zutrug:

Inspiriert vom weitläufig bekannten Traunsee Bergmarathon fanden wir eine Route am östlichen, bergigeren Rand dieses wunderschönen Salzkammergut-Sees. Und einen Campingplatz am Westufer - doch wozu hat man zwei Beine? Früh Morgens liefen wir also von Altmünster los Richtung Gmunden. Der glitzernde See in den Sonnenstrahlen der morgendlichen „goldenen Stunde“, sowie für manche Teilnehmer die Aussicht auf die erste Frühstückspause, beflügelten unsere Beine. Von Gmunden ging es weiter mit wunderschönem Seeblick - und noch besserer Aussicht, die jedoch erst verdient werden musste – auf den Grünberg. Bemerkenswert dort oben ist der Weitblick in die ausgedehnten Ebenen des Flachlandes im Norden mit der Möglichkeit, nur durch eine kleine Kopfdrehung plötzlich ein beeindruckendes Bergmassiv zu erblicken und sogar den Dachsteingletscher zu erkennen. Wir fühlten uns also wie „am Beginn der Alpen“. Wenn man bedenkt, dass es diese (während wir nach spätestens 50km genug haben…) bis nach Südfrankreich schaffen, fühlen wir uns plötzlich ganz klein. Weiter geht es trotzdem dem Weg gen Côte d’Azur folgend, wieder hinab zum See, um danach unseren größten Aufstieg, jenen auf den Traunstein (1691 m), in Angriff zu nehmen. Hier merken wir, dass ein derartig bekannter Berg leider doch sehr viele Leute anzieht und versuchen es den Gämsen nachzumachen: Einfach rasch weg von den Menschen und über einen Steig (den Naturfreunde-Steig) zum Gipfel zu hirschen. Offiziell handelt es sich um einen B-Klettersteig, doch ich würde allen halbwegs bergerfahrenen Freunden mit gutem Gewissen raten, ihr Klettersteig-Set zuhause zu lassen (Und vielleicht stattdessen noch mehr Jause einzupacken...). Nicht nur weil richtig coole Trailrunner immer „ultra light“ unterwegs sind…

Die 1250 Höhenmeter Aufstieg lohnen sich und wir werden mit immer besseren Ausblicken belohnt: Vom Großen Priel über den Dachstein und den Gosaukamm bis ins bayrische Alpenvorland lassen wir unsere Blicke in die Ferne schweifen. Man sieht den Schnee, das lässt mein Herz wie immer höher schlagen - und die gesteigerte Herzfrequenz ist diesmal beim Sport sogar sehr von Nutzen. Beim Blick nach unten leuchtet uns blau die Perfektion unter allen Blautönen, das blaueste Tiefblau des Traunsees entgegen. Wir sind vier Menschen unter vielen, aber in diesem Moment macht das keinen Unterschied. Wir sind ohnehin ein Teil des großen Ganzen – und ärgern uns nicht mehr über die Jahrmarktstimmung am Gipfel (…immer noch besser als Jahrmarktstimmung am Jahrmarkt). Nachdem wir, wie aufmerksamen Lesern möglicherweise schon aufgefallen ist, eigentlich nicht „trail runnen“ sondern „trandern“ (man denke noch nach, was hierfür wohl die naheliegende Definition sein mag …), profitieren wir nun selbst vom Jahrmarkt und gönnen uns eine köstliche Suppe, noch mehr Sonne und sogar einen Kaffee im AV-Haus nahe des Gipfels, bevor wir einen geistig etwas anstrengenden, gerölligen Abstieg in Angriff nehmen. Von „Runnen“ ist hier keine Spur, jedoch kommen die Laufwilligen unter uns auf der darauf folgenden Forststraße wiederum ganz auf ihre Kosten. Diese führt uns direkt an den Strand nach Karbach (-Beach). Von wo man – rein theoretisch – mit dem Bootstaxi zurück nach Gmunden kommen würde.

Die gelebte Praxis ist zum Glück eine andere: ein erfrischendes Bad im großen Blau, ein paar Riegel und das bereits in der Ferne ersichtliche Ziel Ebensee füllen unsere Motivations- und Energiespeicher wieder auf. Allerdings hätten wir uns diese letzte Etappe etwas einfacher vorgestellt. Durch ein Zeckenparadies und zuerst recht unwegsames Gelände, wo wir nur dank GPS-Track und Markierungsschleifen an Bäumen (Residuen vom Traunsee-Bergmarathon) vorwärts kommen und nach weiteren 600 Höhenmetern erreichen wir schließlich den Spitzelstein, den letzten Gipfel! Beim Blick Richtung Norden zeigen sich uns große Abschnitte unserer zurückgelegten Distanz. Kaum zu glauben, wie weit man in dieser kurzen Zeit trandern kann. Schließlich geht’s wieder hinab nach Ebensee, von wo wie komfortabel wie einst Kaiserin Sissi per Eisenbahn zurück nach Altmünster fahren. Dort treffen wir erschöpft und glücklich den zweiten Teil der Gruppe, welcher am selben Tag den kompletten (!) Traunsee umrundet hat. Müssen wir uns jetzt etwa auch noch unsportlich fühlen, weil es bei uns nur stolze 44 km und 2883 Höhenmeter waren?

Wir sind froh (erlebt Tobi doch erstmals ein Runners-High?) und haben diesen Trandertag am Lacus Felix, wie der blaue glückliche See einst sehr treffend von den Römern genannt wurde, sehr genossen. Gut dass man TRailrunnen und wANDERN so gut kombinieren kann!